ATMUNG – ÜBER DAS LENKEN VON ENERGIE

ATMUNG – ÜBER DAS LENKEN VON ENERGIE

Pro Minute atmen wir etwa 12- bis 15-mal – oft sogar ganz, ohne es zu merken. Die Atmung ist eine unentbehrliche Funktion des Körpers und das besondere an ihr ist, dass sie sowohl autonom als willentlich ist. Wir atmen also immer, egal ob wir das bewusst tun oder nicht. Das gilt für keine andere Funktion im Körper. Mit jedem Atemzug fließt in etwa ein halber Liter Luft in die Lunge, was oft dazu führt, dass sich der Brustkorb bei der Einatmung hebt. Auf den Tag geschätzt sind das etwa 10.000 Liter Luft – eine ganz schöne Menge. Die Atmung versorgt uns tagein, tagaus mit frischem Sauerstoff und transportiert Kohlendioxid wieder ab. Doch mit der Atmung können wir noch viel mehr regulieren. Dessen ist sich auch die yogische Praxis bewusst, weshalb Atmung im Yoga auch eine so zentrale Rolle spielt.

Mit Atmung den Körper regulieren

Du kennst bestimmt das Gefühl, wenn Du bei Anstrengung schneller zu atmen beginnst. Dabei erhöht sich auch Dein Puls, denn Atmung und Herzschlag sind eng miteinander verbunden. Und genau das kannst Du Dir zunutze machen. Wenn Du zum Beispiel merkst, dass sich Dein Herzschlag bei Stress oder Angst erhöht, konzentriere Dich auf die Atmung. Oft reicht es schon, bewusst zu atmen – ohne die Atmung auf eine Art zu lenken. Du wirst merken, wie sich Dein Puls langsam wieder normalisiert. Ziemlich beeindruckend, findest Du nicht?

Vielleicht kennst Du es auch, wie Du durch eine bewusste Ausatmung in Form von Stöhnen oder Gähnen lockerer wurdest. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Ausatmung ist auch mit dem Parasympathikus verbunden. Dies ist der Teil unseres vegetativen Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist. Genauso kann die Qualität der Atmung Einfluss auf Deine Stimmung oder Energie haben. Frische Bergluft oder generell viel draußen zu sein kann Dir tagsüber einen extra Schub Energie verleihen und Dich abends richtig erschöpft machen – auf positive Art und Weise. Auf der anderen Seite kann abgestanden Büroluft ganz schön ermüdend wirken.

Wie Du merkst, ist die Atmung mit vielen Vorgängen im Körper verknüpft oder ein Indiz dafür, was im Körper passiert. Deswegen müssen wir auch bei der Atemlenkung auch darauf achten, nicht über die persönliche Grenze hinaus zu gehen. Gerade bei Atemübungen, wo für eine gewisse Zeit ein- und ausgeatmet wird, kann es schnell zu Anspannung im Körper kommen. Das wiederum signalisiert Deinem Körper, dass es Grund zur Sorge und Angst gibt – denk nur daran, wenn Du vor lauter Angst die Luft anhältst. Der Sympathikus springt an, dabei wollen wir doch seinen Partner, den Parasympathikus, aktivieren. Denn nur dann, wenn wir frei und bewusst atmen können, fühlt sich der Körper sicher und wohl – ein Zustand des parasympathischen Modus‘. Behalte das also für die yogischen Atemübungen im Hinterkopf.

Die yogische Atmung

Atemübungen heißen im Yoga Pranayama. „Prana“ bedeutet Energie und „Ayama“ ist die Lenkung oder Kontrolle. Der Sauerstoff, der in der Naturwissenschaft als Nährstoff der Zelle gilt, ist auch im Yogischen Energie. Mit verschiedenen Pranayama-Techniken können wir uns erden oder aufwecken. Wir sorgen für Harmonie im Körper, kühlen uns ab oder fühlen uns entspannt. Das Spektrum ist also wirklich sehr groß. Zusätzlich sorgt eine regelmäßige Atempraxis für eine gesunde Atmung, denn im Alltag atmen wir oft nur sehr oberflächlich und in den Brustkorb. Im Yoga lernen wir hingehen, das Zwerchfell auszudehnen und in den Bauchraum zu atmen. Das erlaubt Dir, wenige, aber tiefe Atemzüge pro Minute zu nehmen, denn yogische Atemzüge können durchaus 10 Sekunden dauern. Das würde die durchschnittliche Atemdauer pro Minute halbieren, im Vergleich zu unbewussten Brustkorb-Atmung. Gleichzeitig kannst Du mit Pranayama Deine Lungenkapazität steigern und im Alltag bewusster atmen, was wiederum für mehr Entspannung sorgt.

Mehr Gründe, regelmäßig Pranayama zu praktizieren, braucht es bestimmt nicht mehr. Darum stellen wir Dir nun 3 verschiedene Atempraktiken vor, die Du fast überall praktizieren kannst und die alle einen unterschiedlichen Nutzen haben.

Yogische Vollatmung – die Entspannungsatmung

Diese Atemtechnik wirkt nicht nur herrlich entspannend, sondern lehrt Dich auf, in die verschiedenen Bereiche deiner Atmung zu expandieren. Komm ins Liegen oder in einen aufrechten Sitz. Leg Deine Hände auf den unteren Bauchraum – knapp unter den Bauchnabel – und atme dorthin. Du kannst auch nur die Aufmerksamkeit dahin bringen, wenn Du möchtest. Bleibe ein paar Atemzüge hier und dann wandere etwas weiter nach oben und außen, an die unteren Rippenbögen. Spüre die Atmung hier und dann wandere nach oben zu den Schlüsselbeinen und Brustkorb. Anschließend löst Du die Hände und beginnst in alle drei Bereiche zu atmen. Zuerst in den Bauch, dann in die Flanken und anschließend in die oberen Lungenlappen zu den Schlüsselbeinen. Bei der Ausatmung lässt Du den Atem gleichzeitig gehen. Diese Atmung kannst Du auch gut im Bett vor dem Schlafengehen praktizieren.

Brahmari – Bienenatmung zum Erden

Brahmari wird auch als Bienensummen bezeichnet. Während der Atmung verschließt Du ein paar Sinne (besonders Sehsinn und Gehör) und spürst die innerliche Vibration, die sehr beruhigend sein kann. In einem aufrechten Sitz bringst Du die Daumen an die Ohren und verschließt sie damit. Die restlichen Finger fächerst Du über die Stirn auf, bis sich die kleinen Finger am dritten Auge treffen. Alternativ kannst Du Dir auch einfach die Ohren sanft zuhalten. Wenn Du magst, schließe auch die Augen. Atme ein und beginne, mit der Ausatmung zu summen. So machst du für eine bestimmte Zeit weiter. Durch das Zuhalten der Ohren nimmst Du das Geräusch nun anders wahr und die Schwingungen können sehr erdend wirken.

4-7-8-Atmung – der angstlösende Atem

Diese rhythmische Atmung wurde von einem amerikanischen Arzt erfunden und soll sogar Schlafstörungen lindern und Ängste lösen können. Sie illustriert ein Spiel zwischen Einatmung (Puraka), Atem halten (Kumbhaka) und Ausatmung (Rechaka). Setz Dich aufrecht hin. Atme noch ein paar Mal entspannt ein und aus. Dann beginne, bis 4 zu zählen und dabei einzuatmen. Dann halte den Atme bis 7 an und atme auf 8 Zählzeiten geräuschvoll durch den Mund aus. Atme auf diese Art und Weise weiter. Die Geschwindigkeit des Zählens kannst Du bestimmen – denke daran, dass Du Dich dabei nicht verspannen solltest. Gerade bei dieser Art von Pranayama kann es dauern, bis sich Dein Atem an den Rhythmus gewöhnt hat, sei also geduldig mit Dir. Auf diese Atmung solltest Du während der Schwangerschaft allerdings verzichten, denn den Atem anzuhalten tut dem Fötus nicht gut. Manchmal kann das Atemhalten auch Angst auslösen, was genau der gegenteilige Effekt wäre, also höre in erster Linie auf Deinen Körper und praktizieren Atemübungen nur, wenn sie sich auch gut anfühlen.

Welche Atmung wirst Du als erstes ausprobieren? Schreib es uns doch in die Kommentare!

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