ME, MYSELF & I: YOGA UND DAS EGO

ME, MYSELF & I: YOGA UND DAS EGO

Im Yoga stehen wir uns selbst gegenüber. Im Zuge dessen begegnen wir auch dem Ego – einem durchaus gefürchteten Teil unseres Selbst. Denn als Yoga-Praktizierende darf man doch gar kein Ego haben, oder? Naja, so einfach ist das nicht, denn das Ego hat auf jeden Fall seinen Platz – auch im Yoga. Auf welche Weise Dir das Ego helfen kann und wo wir uns besser von ihm distanzieren sollten, liest Du in den folgenden Zeilen.

Was ist das Ego überhaupt?

Mit dem Begriff „Ego“ wirft man schnell einmal um sich, aber was bedeutet er überhaupt? Aus dem Lateinischen übersetzt heißt es „ich“, also erstmal etwas verwirrend. Darum bleiben wir lieber bei dem Originalwort. In der Psychologie wird das Ego vor allem als das „Selbst“ beschrieben. Größere Aufmerksamkeit wurde dem Ego dank Sigmund Freud geschenkt, der die menschliche Psyche in drei Teile unterteilte: Das „Es“, das „Ich“ (Ego) und das „Über-Ich“. Das „Ich“ bezeichnet laut Freud die persönliche Vorstellung oder wie man sich selbst wahrnimmt. Wir brauchen es, um die Realität zu erfahren und präsent zu sein. Abseits von Freud wird das Ego in der Psychologie als etwas verstanden, das wir im Zuge einer Selbstbeobachtung erfahren können. Das ist ja erstmal nichts Schlimmes, aber dennoch ist das Ego oft negativ konnotiert. Jemand „hat ein großes Ego“ bedeutet, die Person nimmt sich zu wichtig. Oder, man ist EGOistisch.

Dabei wird das Ego erst zum Problem, wenn es im Zentrum des Handels steht. Wenn man sich selbst also im Mittelpunkt sieht und nur im persönlichen Interesse handelt. Grundsätzlich ist nichts daran verwerflich, wenn Du für Dich einsteht – es ist sogar eine Form von Selbstwertschätzung. Doch wenn aufgrund Deines Egos soziale altruistische Taten vernachlässigt werden, wird es spätestens dann zum Problem. Denn würden wir uns nur um selbst kümmern, würde die Menschheit wahrscheinlich schnell bergab gehen – und das wäre außerdem ganz und gar unyogisch.

Das yogische Ego

Der „Ich-Macher“, das Ego, heißt auf Sanskrit „Ahamkara“. Ahamkara formt uns, es haftet an unseren Erfahrungen und Erlebnissen an. Seine grundlegende Funktion ist die Selbstbehauptung, auch Abhimana genannt. Das Ego hat also auch in der yogischen Philosophie einen Platz in der Welt. Auf der anderen Seite trennt uns Ahamkara auch von der Welt ab und kontrastiert mit dem Einheitsgedanken des Yogas, da der Fokus zu sehr auf dem Individuum liegt.

Außerdem gilt es da auch noch zu untersuchen, wie Yoga heute präsentiert wird. Denn es ist durchaus ironisch, wenn wir davon sprechen, über das Ego hinwegzukommen und dann Yogabeiträge in den sozialen Netzwerken betrachten. Traumhafte Landschaft, ein normschöner Körper in einer körperlich-fordernde Asana (gerne als Umkehrhaltung zwischen Palmen) und dann irgendeine poetische Beschreibung darunter, die eigentlich nichts mit dem Bildinhalt zu tun hat. Dabei geht es, wie so oft in den sozialen Netzwerken, um Selbstdarstellung und Yoga ist die Methode, die es ermöglicht. Ist Yoga demnach eine Form der Selbstdarstellung und -Verherrlichung und damit etwas, das dem Ego noch mehr Raum gibt?

Nein, natürlich nicht. Aber wie bei so vielen Philosophien kann man das durchaus unterschiedlich auslegen. Denn ohne Frage gibt es auch in der Welt des Yogas egoistische Personen. Begriffe wie „toxische Spiritualität“ finden langsam den Weg in unseren Sprachgebrauch und es ist auch wichtig, dies alles als Teil der yogischen Gemeinschaft zu verstehen – um sich gegebenenfalls davon zu distanzieren oder Stellung zu beziehen. Man muss aber auch nicht alle Yogis und Yoginis über einen Kamm scheren.

Das Ego überwinden

Doch das Ego hat auch seine guten Seiten. Zeit für sich zu nehmen und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, ist natürlich keine Form des Egoismus. Das Großartige an Yoga ist, dass es dabei helfen kann, ein überschüssiges – aber auch zu kleines – Ego auszugleichen. Genau wie bei Chakren oder anderen Imbalancen sorgt eine achtsame Yogapraxis für Harmonie in Körper, Seele und Geist. Gerade Achtsamkeitspraktiken wie Meditation oder Pranayama können Dir dabei helfen.

Der erste Schritt ist, sich des Egos überhaupt bewusst zu werden und es anzuerkennen. Es muss nicht vorweg zur Seite geschoben werden. Denn wir alle haben Schattenseiten und auch sie sind Teil von uns – ohne Schatten gäbe es schließlich keine Sonne. Darum steht an erster Stelle die Selbstbeobachtung, der Blick nach innen. Was fällt mir an meinem Verhalten oder an meinem Gedanken auf? Wo kann ich mein Ego besonders wahrnehmen? Wenn das Ego erstmal Form angenommen hat, kannst Du beginnen, nicht nur danach zu handeln, was es für das Beste hält. Und schon befindest Du Dich auf dem Weg, Dein Ego zu überwinden.

Es kann durchaus angsteinflößend sein, wenn wir versuchen, uns etwas von unserem Ego zu lösen, denn Anhaftung und Identifizierung können auch ein Gefühl von Sicherheit geben. Wenn wir aber genauer darüber nachdenken, so macht uns Anhaftung gleichzeitig auch abhängig und damit verwundbar. Es erfordert viel mehr Kraft, Stärke und auch Arbeit, wenn Du in Dich investiert und zu sagst: „Das bin ich – nimm mich oder lass es sein“. Doch genau das ist, was wir im Yoga versuchen zu lernen. Ich bin wer ich bin, ich bin aber gleichzeitig nur ein Teil etwas Größerem – und trotzdem achte ich auf meine Bedürfnisse. Was auf den ersten Schritt widersprüchlich erscheint, ist genau diese Dualität, die Yoga, die Ahamkara und Abhimana, uns vermitteln wollen.

Sich mit dem persönlichen Ego zu konfrontieren, geschweige denn es zu überwinden, kann ganz schön herausfordernd sein. Yoga hilft uns dabei, nicht anzuhaften, wie es passiert, wenn wir dem Egoismus verfallen. Im Yoga lernen wir, den Stolz und das Ego loszulassen und mehr zu unserem wahren Inneren zu finden.

Wo hast Du Dein Ego im Rahmen der yogischen Praxis schon einmal bewusst wahrgenommen? Welche Methoden verwendest Du, um Dein Ego von Deinem Selbst zu trennen?

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